Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL)
in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg


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Die Kraft der Versöhnung

Ein Beitrag der EFL Hamburg-Harburg

Immer wieder kommen Paare zu uns in die Beratung, von denen eine/r oder beide tief verletzt sind. Obwohl man sich als Paar zusammengetan hat, um miteinander glücklich zu sein, bieten Beziehungen immer auch das Risiko, einander weh zu tun: Erwartungen werden enttäuscht, Vertrauen zerstört usw. Vielleicht kennen Sie das ebenfalls aus Beziehungen (zu Freunden/Innen, Partnern/Innen oder in der Familie): Im Streit fallen böse Worte, man spricht in Vorwürfen miteinander, oder es gibt gar einen Kontaktabbruch.

Nun ist es die Entscheidung jedes Einzelnen, wie er mit Verletzungen umgeht, ob er sie vergeben und damit Frieden schließen möchte oder nicht. Die empirische Forschung hat allerdings gezeigt, dass andauernde negative Gefühle psychosomatische Symptome auslösen können, während sich gelingende Vergebung positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden auswirkt. (1)

Wie kann ein Versöhnungsprozess aussehen? Beispielhaft an einem Paar, bei dem es um eine Außenbeziehung des Mannes ging, möchte ich zeigen, was es bedeutet, gemeinsam neu anzufangen. Das Paar war zu Beginn der Beratung ziemlich verzweifelt, aber gleichzeitig entschlossen, zusammenzubleiben. Die Voraussetzung war, dass die Frau ihrem Mann wirklich verzeihen wollte; es ist also eine Frage der inneren Haltung. Dorthin zu kommen, ist oft nicht leicht: Es gibt auch Partner/Innen, die sagen, eine solche schwere Verfehlung könnten sie (noch) nicht vergeben, und sich für eine Trennung entscheiden; die Kränkung aus der alten Beziehung belastet sie aber oft auch weiterhin. Es geht also nicht zwingend darum, gemeinsam neu anzufangen, sondern manchmal auch (allein) nach einer Trennung die Vergangenheit aufzuarbeiten und mit ihr abzuschließen bzw. Frieden zu schließen.

In der Paarberatung half es, dass die Frau die konkrete Verletzung aussprechen konnte, und zwar ohne Vorwurf, sondern indem die Frau ganz bei sich blieb und beschrieb, was die Außenbeziehung bei ihr auslöste. Anders als es oft im Alltag passiert, ist es wichtig, dass der Partner dann Verständnis und Anerkennung für die Verletzung äußert (d.h. „Ich sehe, das hat dich verletzt, das erkenne ich an.") Selbst wenn er es nicht so gemeint haben sollte (manchmal passieren Verletzungen ja auch in der besten Absicht), ist es wichtig, sich nicht zu rechtfertigen, denn das gibt der Frau in diesem Fall das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Nun kann, in diesem Fall der Mann, um Verzeihung bitten: „Es tut mir leid. Bitte verzeih mir." Und die Frau kann ihm die Verzeihung gewähren. Im besten Fall ist damit die Verletzung „vom Tisch"; man kann dies noch symbolisieren, indem beispielsweise ein Papier, auf dem die Verletzung aufgeschrieben wird, zerrissen wird. Die Frau verpflichtet sich mit der Gewährung der Verzeihung, dem Mann diese Kränkung nicht mehr vorzuwerfen. Manchmal, besonders bei schweren Verletzungen wie dieser Außenbeziehung, ist es damit nicht getan. Hier war es wichtig, zum einen den entstanden Schaden zu beheben und eine Wiedergutmachung zu leisten, und zum anderen für die Zukunft zu vereinbaren, wie ähnliche Situationen sich vermeiden lassen. Das hieß konkret, dass die Frau sich wünschte, der Mann sollte ihr zeigen, dass er sich für sie entschieden hat und sie liebt, indem sie ein zweites Mal heirateten. Und zum anderen vereinbarten sie, dass beide in Zukunft eher miteinander sprechen wollten, wenn etwas in der Beziehung nicht zu ihrer Zufriedenheit verlief. Die Frau versprach, den Mann nicht zu kontrollieren (dafür braucht es natürlich einen enormen Vertrauensvorschuss, aber ohne den geht es nicht!), dafür vereinbarten sie, miteinander ehrlich zu sein über Bekanntschaften und sich nicht z.B. über abendliche Treffen anzulügen.

In diesem Fall konnte die Paarberatung helfen, eine Verletzung hinter sich zu lassen und einen Neuanfang zu wagen. Und so möchte ich Sie ermutigen: für Verzeihen ist es nie zu spät; und wenn Sie sich dabei Unterstützung wünschen, begleiten wir Sie gerne.

(1) Aus: von Tiedemann, Friederike (Hrsg.) (2017). Versöhnungsprozesse in der Paartherapie. Ein Handbuch für die Praxis. Paderborn: Junfermann Verlag



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